(Roger Abrantes)
Gene legen die Grundzüge des Aussehens und Verhaltens eines
Wesens fest, aber Gene sind nicht die einzige Komponente. Auch die Umwelt und
damit, die Art wie dieses Wese aufwächst, spielen eine große Rolle. Die Umwelt
legt fest welche genetische Veranlagung sich stärker oder schwächer
manifestiert.
Gene spielen eine große Rollen für das Aussehen und Verhalten
eines Organismus. Phänotypen (die grundlegende Erscheinungsform) werden
festgelegt, in verschiedener Ausprägung, vom genotypischen Programm (der Summe aller
Gene) und der Interaktion des betreffenden Organismus mit seiner Umwelt. Manche
Grundzüge werden von der Umwelt stärker beeinflusst, andere weniger. Zum
Beispiel ist die Augenfarbe ausschließlich von der genetischen Codierung
abhängig, dagegen bestimmt sie die Größe eines Organismus nur zu einem Teil.
Diese ist abhängig von der Ernährung, sowie von den Lebensbedingungen im
Allgemeinen. In Kurzform: die Umwelt alleine kann kein charakteristisches
Merkmal erzeugen und nur wenige Merkmale sind das ausschließliche Produkt einer
genetischen Codierung.
Das Gleiche gilt für Verhalten. Dieses ist das Resultat
genetischer Codierung plus Umwelt. Lernen ist Anpassung an die Umwelt. Die
Verhaltensgenetik versucht zu begreifen, welche Rolle Genetik in tierischen (oder
auch menschlichen) Verhalten spielt. Sie ist ein interdisziplinäres Feld das
die Wissenschaften der Biologie, Genetik, Psychologie, Ethologie und Statistik
heranzieht um Erklärungen zu finden. Die gleichen genetischen Grundprinzipien,
die Grundlage für einen Phänotyp sind, sind auch verantwortlich für das
Verhalten, schwierig ist es dagegen zu identifizieren welche Gene eher für
Verhalten, denn für Erscheinungsbild verantwortlich sind. Das verlässlichsten
Ergebnisse liefern Vergleichsstudien mit Zwillingen und Halbgeschwistern.
In kleinen Populationen (zum Beispiel in der Zucht) mit einer
begrenzten Anzahl an Individuen ist der genetische Beitrag größer, weil es
weniger mögliche Variationen gibt. Daher ist es wichtig, dass Züchter sich mit
Blutlinien auseinandersetzen, diese in Pedigrees festhalten und dokumentieren,
die Zuchttiere veterinärmedizinisch untersuchen lassen und sorgfältig
verpaaren. Fehler schlagen sich innerhalb weniger Generationen in unerwünschten
Ergebnissen nieder. Körperliche Mängel und unerwünschtes Verhalten bei den
Tieren sind die Folge.
Wir züchten Tiere (Hunde) für die verschiedensten
Verwendungszwecke. Zucht bedeutet man kombiniert 50% Genmaterial vom Vatertier
mit 50% Genmaterial vom Muttertier und schaut was dabei herauskommt. Wir können
niemals exakt bestimmen welche Gene vom Vatertier oder welche Gene vom
Muttertier weitergegeben werden. Wir können keine einzelnen Gene nach unseren
Wünschen kombinieren um den perfekten Hund zu züchten. Aber wenn wir wissen
welche Grundzüge dominant sind, welche eher rezessiv und wenn wir Pedigrees
lesen können, dann können wir in etwa voraussagen, wie die Nachkommen sein
werden.
Im Folgenden sollen 20 Grundprinzipien der Zucht (nach Raymond
H. Oppenheimer) dargestellt werden, die es einem Züchter erleichtern ein
gesundes und wesensfestes Tier zu züchten.
1 - Das Zuchttier welches Du heute aussuchst, hat einen großen
Einfluss auf Deine zukünftige Zucht, auch wenn Du keine Nachkommen für Deine
weitere Zucht verwendest.
2 – Wähle Mutter-und Vatertier sorgfältig aus. Wenn Du nur
wenige Zuchttiere zur Verfügung hast, musst Du vielleicht eine Generation
abwarten bevor Du einen Erfolg siehst. Eine Faustregel ist, die Nachkommen
müssen „besser“ als die Eltern sein, nur das ist Erfolg.
3 – Statistische Voraussagen müssen sich bei einer kleinen
Population (Wurf) nicht als wahr erweisen. Sie sind nur dann ein geeignetes
Mittel zur Voraussage, wenn es sich um große Populationen handelt
4 – Ein Pedigree (Ahnentafel) ist ein Hilfsmittel um zu wissen
welche erwünschten oder unerwünschten Eigenschaften sich vererben werden.
5 – Wenn Du ein genau definiertes Zuchtziel hast, welches
vorhanden sein sollte, willst Du bestimmte Eigenschaften verstärken. Vergiss
dabei aber nie, dass ein Tier ein komplexes Wesen ist. Wenn Du einzelne
Attribute verstärkst, verlierst Du vielleicht auch die eine oder andere
positive Eigenschaft.
6 – Auch wenn große Würfe generell dafür sprechen, dass die
Zuchtbedingungen und die gesundheitlichen Voraussetzungen gut sind, Quantität
bedeutet nicht automatisch Qualität. Qualität entsteht durch ein intensives
Studium der Zucht. Sei geduldig und warte bis die richtigen Tiere für eine
Verpaarung verfügbar sind. Sei Dir klar was Du bisher in der Zucht erreicht
hast und vor allem hab einen Plan der mindestens drei Generationen vorausdenkt.
7 – Mängel am Bewegungsapparat sind die am schwierigsten zu
behebenden Zuchtmängel.
8 – Stör Dich nicht daran wenn ein gutes Zuchttier nicht extrem
fruchtbar ist. Die Stärksten sind jene die überleben und diese Überlebensgene
der nächsten Generation weitergeben können.
9 – Wenn Du Dein Zuchtziel erreicht hast, dann sei vorsichtig
was Du einkreuzt, denn für jede erwünschte Charakteristik bekommst Du viele
unerwünschte, die Du dann, über Generationen, wieder mühevoll herauszüchten
musst.
10 – Inzucht ist die schnellste Methode um gewünschte
Charakteristiken zu erzeugen. Sie bringt aber auch versteckte Grundzüge hervor,
die womöglich weniger wünschenswert sind. Wiederholte Inzucht erhöht sie
Möglichkeit von Erbkrankheiten.
11 – Wenn Du Dein Zuchtziel erreicht hast ist Linien-Zucht mit
sporadischer Auskreuzung der erfolgversprechendste Ansatz.
12 – Zucht bringt nichts „Neues“ hervor, außer es kommt zu einer
unerwarteten Mutation, die aber äußerst selten ist. Das Ergebnis beruht auf dem
was vorhanden ist. Manches mag vielleicht einige Generationen überspringen,
aber es war immer da.
13 – Wurfgeschwister haben im Durchschnitt 50% gemeinsames
Genmaterial, aber eben nur im Durchschnitt. Jeder Welpe hat 50% der Gene seines
Vaters und 50% der Gene seiner Mutter, aber nicht unbedingt die gleichen 50%.
14 – Erbliche Grundzüge werden von beiden Elterntieren
gleichermaßen vererbt. Daher erwarte nie alle Probleme in einer Generation
lösen zu können.
15 – Wenn das „schlechteste“ Tier Deines letzten Wurfes nicht
besser ist als das „schlechteste“ Tier Deines ersten Wurfes, dann hast Du keine
Fortschritte gemacht.
16 – Wenn das „beste“ Tier Deines letzten Wurfes nicht besser
ist als das beste Tier in Deinem ersten Wurf, hast Du ebenfalls keinen
Fortschritt gemacht.
17 – Beurteile ein Zuchttier nie nach dem „besten“ oder dem
„schlechtesten“ Nachkommen den es hatte. Beurteile immer alle Würfe die es
hatte.
18 – Qualität ist immer eine Kombination aus Beständigkeit und
Funktion. Es geht nicht nur darum einzelne unerwünschte Grundzüge loszuwerden,
es geht mehr um das Vorhandensein von erwünschten Grundzügen. Ein Tier muss man
immer als Gesamtes beurteilen.
19 – Sei objektiv – mach Verpaarungen nicht von persönlichen
Gefühlen abhängig
20 – Sei realistisch aber strebe immer nach Perfektion. Versuch
immer das Beste. Sei vorsichtig, wenn wir Tiere züchten mit dem Ziel spezielle
Grundzüge zu erhalten, körperlich, wie auch wesensspezifisch, spielen wir mit
dem Feuer. Denn wir verändern das natürliche Genom das die Natur über einen
langen Zeitraum selektiert hat.