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Loughborough
Loughborough und die Zeit davor
Meine Geschichte mit den Kerry Blue Terrier fing für mich ganz trivial an. Ende Dezember 1975 bekamen wir einen 1,5 Monate alten Hund. Er wurde größer, besuchte eine Hundeschule, und eines Tages bat mich die Züchterin, von der wir ihn hatten, mit ihm in den Terrier-Club zu kommen. Es hat nicht viel Sinn zu erklären, wie ein Hobby - der erste Hund, der erste Besuch einer Hundeausstellung – sich zu einer wahren Leidenschaft entwickelte, die mich mein ganzes Leben begleitet. In den letzten 29 Jahren hat sich alles verändert, was sich nur verändern konnte. Das einzige, was bleibt, ist meine Begeisterung für diese Hunderasse.
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Domby Ugrohady
with Valeria, 1980
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Der schon erwähnte Kerry, Domby Ugrochedy stammte aus dem fünften Leningrader Wurf. Seine Mutter sah nicht wirklich wie ein Kerry aus, vor allem wegen ihres scheckigen Fells. Mit der Star-Karriere ließ er sich Zeit, obwohl wir regelmäßig an Ausstellungen teilnahmen. Auf einer dieser Ausstellungen, in Podolsk, lernte ich die damaligen Karry-Gurus kennen – Sascha Ivanov und Alik Kozlovsky. Unter dem Dach der Zucht „Irish Hippy“ hatten die beiden Karry-Fans um sich versammelt, die Hunde aus dem Ausland importierten, internationale Ausstellungen besuchten und Fachartikel übersetzten – etwas, was bis dahin niemand für keine andere Hunderasse tat. Da ich Englisch konnte, bot ich meine Unterstützung an. Alik gab mir einige Adressen in Finnland, die ich anschreiben sollte. |
Auf meine Briefe hin meldete sich Colin Smith, ein englischer Experte, dessen Ehefrau Kirsti eine der ersten Karry-Züchterinnen in Finnland war. Im selben Jahr trafen wir uns in Leningrad. Die beiden waren richtige Profis und reizende Personen und repräsentierten für mich eine ganz andere Welt der Dog-Show. Nach dieser Begegnung brach ich meine Promotion ab, fing einen Kurs für Zuchtexperten an und vereinbarte mit den beiden, dass ich ein kleines Karry-Mädchen kaufen würde. Ein paar Monate später rief mich plötzlich Sascha Ivanov an und bot mir an, ihm einen Welpen abzunehmen – Milord vom Figaro, den er gerade aus Westdeutschland mitgebracht hatte. So bekam ich meinen zweiten Grevy, der meine Hoffnungen nicht enttäuschte. Statt eines Mädchens aus Finnland kam Pippurimillien Ponteva, was mir angesichts des damaligen Mangels an frischen Zuchtexemplaren sinnvoll erschien.
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Next Know How, 1990 |

Leningrads Champion Grevi den Nurdiska Slektken, 1984 |
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In jenen Jahren hatte die Hundezucht in der UdSSR ihre Besonderheiten. Es gab keine privaten Züchter, sondern nur Clubs, in denen ein „kompetenter Ausschuss“, der von der Hauptversammlung gewählt wurde, den Hundehaltern seine Empfehlungen gab, was und wie zu tun war. Manchmal brachte dieses System Positives hervor – man denke nur an „Irish Hippy“. Später, als ich mich selbst zu Terrier-Expertin mauserte, habe ich auch in einem solchen Club gearbeitet. Wie immer waren neue Zuchtkerries knapp, und ich freue mich dazu beigetragen zu haben, dass Sidi Bel Nord. aus Ungarn, Slivemish Nordic Kerry aus Finnland und Gordon Greenisland aus der Schweiz nach Russland kamen. 1988 brachten wir Grevy zum Decken nach Westdeutschland, in die Hundezucht Blue Curasao.... . Nachsi aus diesem Wurf wurde unser dritter Karry.
Damals gelang es uns, die Ausstellungen neu zu gestalten. Kirsti und Collin bin ich heute noch dankbar, dass sie als erste ausländische Experten zu einer Ausstellung nach Moskau gekommen sind, an der, wenn ich mich recht erinnere, 114 Karry-Hunde teilgenommen haben.
Bei meinem ersten Hunde-Import aus Finnland lernte ich, nicht nur an die Hunde zu denken, sondern auch an die Hundehalter. Glücklich aus Finnland zurück, übergab ich den Hund und seinen Stammbaum seinen neuen Besitzern, von denen ich seitdem nichts mehr gehört habe. Ohne eine gute Hundehalterin/ einen guten Hundehalter kann es keinen guten Hund geben. Ende der 80-er machte sich der Leningrader Karry-Club einen Namen. Karry-Fans züchteten dort Hunde, die sich sehen lassen konnten. 1990 machten wir uns fast vollzählig zu einer Hundeshow nach Brünn auf, wo fast alle unsere Hunde Preise gewannen. Diese Idylle wurde für mich durch einen Zufall unterbrochen. Es bot sich eine Gelegenheit, für vier Monate nach Deutschland zu gehen, aus denen mittlerweile 13 Jahre geworden sind.
In zwei Ländern gleichzeitig zu leben war anfangs genau so schwierig, wie auf zwei Stühlen zu sitzen. Am meisten habe ich jedoch bedauert, dass ich aus verschiedenen Gründen keine Zeit hatte, um das zu tun, was mir so viel Freude bringt. N... starb sehr früh, und die Welt der Hundezucht, der Ausstellungen und der Clubs schien endgültig der Vergangenheit anzugehören. Die Zeit verging, und in meinem neuen Leben ohne Karry stellte sich langsam aber sicher eine Art Normalität ein. Es fehlte darin jedoch das gewisse Etwas, was mein Leben früher so gut ergänzte.
Die Entscheidung fiel spontan. Als ich wieder mal nach Petersburg fuhr, brachte ich Glascha mit – einen Hund, der eigentlich „nur“ als Familien- und Freizeithund gedacht war... Wie tief die Vergangenheit als Hundezüchterin noch in mir steckte, habe ich dabei unterschätzt. Schon im Jahr darauf fuhr ich mit der zehn Monate alten Glascha zu ihrer ersten Hundeausstellung nach St. Gallen, in die Schweiz. Zur selben Zeit meldete ich „Loughborough“ an, dessen Name an meine Freundschaft mit Kirsti und Collin erinnern sollte – Loughborough heißt nämlich das zauberhafte Städtchen in England, wo Collin geboren wurde.
Die neuen Einfuhrauflagen für Welpen werden möglicherweise dazu führen, dass die Zucht ihren offiziellen Sitz verlegen muss. Ohnehin ist der Name „Loughborough“eher Ausstellungsteilnehmern in Süddeutschland und in der Schweiz als in Russland ein Begriff. Wir werden sehen...
Tanja Sonnenschein-Tarkhova St. Petersburg - München
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